Kritiken

FLAWIL. Es war eine kristallklare Form, Weihnachtsstimmung zu schaffen, und zwar eine von der echteren Art. Dass es so ansprechend gelang, war der hingebungsvollen Vortragsweise der vier Musikerinnen des Manesse-Quartetts mit Antonia Ruesch und Christine Baumann (Violine), Brigitte Maier (Viola), Sibylle Bremi (Violoncello) zu verdanken sowie den mit Geschick ausgewählten und von Nathalie Hubler vorgetragenen literarischen Texten.
Kästner und Andersen
Das fing schon beim ersten Text an, musikalisch eingeleitet und durchflochten von Stücken aus Mendelssohns Streichquartett op. 81. Sprecherin Nathalie Huber, Theaterschaffende aus St. Gallen, trug Kästners Kleinbürger-Satire aus den 30er-Jahren mit dem Titel «Felix holt Senf» in scharf akzentuierten Sätzen vor, mit sparsam, aber wirkungsvoll eingesetzter Mimik und Gestik. Unwillkürlich fröstelte man hin und wieder angesichts all der überanstrengten Weihnachts-Harmonie. Dieses Frösteln packte einen stellenweise auch bei Mendelssohn, wo lied- und gemüthafte Passagen mit solchen abwechselten, die musikalisch Chaos beschworen und an Abgründe führten.

Kalt war es auch beim zweiten Textbeitrag. Zu den manchmal fast provokativ heiteren Klängen von Haydns Streichquartett D-Dur beschwor die Sprecherin das ganze Elend, das in Andersens Märchen vom «Kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzern» steckt. Denn in diesem «Real-Märchen» stapft es in der Silvesternacht barfuss durch den Kopenhagener Schnee, hat kein einziges Streichholz verkauft und setzt sich schliesslich auf eine Steintreppe, wo es langsam erfriert. Wäre da nicht die Vision der strahlenden Grossmutter gewesen, die es mit sich in den Himmel nahm, wir wären ganz ohne Trost geblieben. So gesehen konnte man auch Haydns Musik als eine Art Trostspenderin für einen Text nehmen, der in der Härte seines sozialen Inhalts wenig «märchenhaft» waren.

Tsintsadse und Trollgeschichte

Vielschichtig woben Text und Musik sich auch im letzten Programmteil zu einem spannungsvollen Ganzen zusammen. Das Kammermusik-Ensemble intonierte hier Stücke aus den Miniaturen des georgischen Komponisten Sulkhan Tsintsadse (1925–1992), welche durch die Lesung einer weihnachtlichen Troll-Geschichte aus der Feder von Selma Lagerlöf (Trollmusik) textlich kontrapunktiert wurde. Wie bei den beiden anderen Programmteilen ergaben sich auch hier intensive Spannungs- und Interpretationspotenziale im Wechselspiel zwischen Musik und Text. Die Geschichte vom hadernden Orgelspieler, der an Weihnachten seinen Ärger überwindet und ins Elend geratenen Menschen viel Anteilnahme schenkt, ist packend. Ebenso packend wurde sie auch von der Sprecherin vermittelt. Die sich geheimnisvoll zusammenballenden und wieder zerfliessenden Klänge von Tsintsades Musik passten ausgezeichnet zu Lagerlöfs tiefgründigem Text.

Die ganz auf das Miteinander auf Augenhöhe ausgerichtete Spielweise der vier Streichinstrumentalistinnen war einmal mehr sowohl für die Ohren wie für die Augen höchst attraktiv.

9. November 2016, St.Galler Tagblatt

Romantik pur – aus einem Guss

Auf dem Programm standen Mendelssohn-Bartholdys Streichquartett in Es-Dur (op. 12), zwei Nocturnes von Chopin, interpretiert von Pianistin Isabel Bösch, sowie das mächtige und mitreissende Klavier-Quintett in A-Moll (op. 14) von Camille Saint-Saëns, vom Umfang her eigentlich ein Klavierkonzert. Auch in den anderen Werken wirkten sich die Präzision, die tänzerische Beschwingtheit und das hellwache Zusammenspiel des Ensembles zum Gesamteindruck «wie aus einem Guss» aus. Ein musikalischer Genuss, für den sich das begeisterte Publikum mit anhaltendem Beifall bedankte.

November 2009, ST. Galler Tagblatt

Buechen. Es war ein nicht alltägliches Encore- Konzert der Musikschule Am Alten Rhein. Zahlreiche Zuhörer erlebten in der evangelischen Kirche in Buechen mit dem Manesse Quartett feinste Streicherklänge in einem wunderschönen Ambiente. Bereits beim ersten Werk, dem Quartett Nr. 6 des Russen Schostakowitsch, zeigten die vier Musikerinnen nicht nur absolut hoch stehende technische Fähigkeiten, sondern auch profunde Musikalität. Lang gespannte Bögen, schön herausgearbeitete harmonische Spannungen und klare rhythmische Akzente ergaben eine stimmige Interpretation, die das anspruchsvolle Werk den Zuhörern eindrücklich näher brachte. Danach folgte das „Rosamunde“- Quartett von Franz Schubert. Nun tauschten die beiden versierten Geigerinnen Antonia Ruesch und Simone Bachmann ihren PLatz am ersten Pult, und das Publikum durfte ein lebendiges, von romantischen Stimmungen durchwobenes Werk des Wiener Meisters erleben. Auch hier zeigte sich wieder das homogene Spiel, zu dem die rhythmische Prägnanz von Brigitte Maier an der Viola und Sibylle Bremi am Cello wesentlich beitrugen. Nach dem hervorragenden Auftritt der vier Profimusikerinnen darf man sicher sein, dass vom Manessequartett noch mehr zu hören sein wird.

 Juni 2013, Alttoggenburger Zeitung

Minutiöses Zusammenspiel

Die Interpretinnen – Antonia Ruesch und Christine Baumann (erste und zweite Geige), Brigitte Maier (Viola), Sibylle Bremi (Violoncello) und Isabel Bösch (Klavier) gingen auf einander ein, spielten sich die Bälle zu, verständigten sich mit einem raschen Blick über Tempo und Modulationen – nicht nur ein Hörgenuss, sondern auch einer fürs Auge. Dass bei ihnen das Zusammenspiel im Zentrum steht, bestätigten die Musikerinnen nach dem Konzert. Dazu gehört auch, dass sich die beiden Violinistinnen in der Übernahme des Parts der ersten und zweiten Geige jeweils teilen, was auch in diesem Konzert der Fall war: Christine Baumann spielte bei Haydn, Antonia Ruesch bei Dvorak die erste Geige. Es ist ein Glücksfall für ihr Zusammenspiel, dass „die Chemie“ offensichtlich auch für Klaviersolistin Isabel Bösch zu stimmen schien, fügte sie sich doch organisch und mit markantem Duktus in die Gesamtleistung des Ensembles ein. Ein beglückendes Konzert, das bei den Besuchern auf langanhaltenden Applaus stiess.

Der Landbote, Kulturkoller Juni, 2011

Das Quartett bewies mit seiner Spielweise ein hohes Gefühl für das gemeinsame Musizieren. Nuanciert und facettenreich musizierten Antonia Ruesch, Simone Bachmann (Violine), Brigitte Maier (Viola) und Sibylle Bremi (Cello). Die Eröffnung machte von Anton Rubinstein das Streichquartett Op 17. Nr 3. Mit Bravour meisterten die drei jungen Musikerinnen selbst heikelste Passagen. Der romantische Gehalt nahm durch den Abend hin stetig zu. Dmitri Schostakowitsch und sein Streichquartett Nr 2 in D-Dur erfrischte und überraschte schloss doch unter anderem jeder Satz denn auch mit romantischen entspannenden Akkorden. Mit den zum Teil recht schwelgerischen Klängen des Streichquartetts von Alexander Borodin verwöhnten die Musikerinnen das Publikum. Rundum ein Konzertabenden der Extraklasse, nicht nur für Streicher.